Der Sommer 2023 war in der zweiten Julihälfte und im August sehr nass und regnerisch, so dass meine Freilandtomaten und Gurken stark unter der Feuchtigkeit gelitten haben. Es frustriert mich immer sehr und macht mich traurig, wenn ich Pflanzen über Monate aus Samenkörnern groß ziehe, und sie mir dann kurz vor der Ernte im Regen weg schimmeln, so dass ich kiloweise befallene Früchte vernichten muss. Obwohl nur ein kleiner Anteil meiner Pflanzen in meinem kleinen Gewächshaus standen, machte dies am Ende ca. 80% meiner Ernte aus. Von daher hatte ich längere Zeit mit dem Gedanken gespielt, in der Richtung doch noch etwas mehr zu bauen.
Im Internet war ich dann auf die Konstruktion des „geodesic dome“ oder kurz „geodome“ oder auf Deutsch „Geodätische Kuppel“ gestoßen. Die sieht zwar aus wie Science Fiction, wurde aber bereits von dem deutschen Maschinenbauingenieur und Physiker Walther Bauersfeld Anfang der 1920er Jahre entwickelt. Sie ist extrem stabil, da sich wie bei einem Torbogen alle Teile gegenseitig stützen und stabilisieren. Bei Sturm ist sie stromlinienförmig und leitet die Windböen um die Kuppel herum. Die Sonne steht im Tagesverlauf immer auf einem Teil der Kuppeloberfläche senkrecht, und auf Grund des optimalen Verhältnisses von Volumen zu Oberfläche wird weniger Wärme über die Oberfläche abgegeben. Und – das wussten schon die Erbauer des Pantheons, zahlreicher Basiliken, Moscheen oder hinduistischer Tempel – Kuppelbauten sehen auf eine harmonische Art und Weise unglaublich schön aus.
Man findet im Internet verschiedenste Anleitungen für den Bau geodätischer Kuppeln. Viele sind richtig teuer, für andere braucht man eine Kreissäge, bei der sich verschiedene Winkel exakt einstellen lassen. Ich habe mich nach einiger Überlegung für das Stecksystem von „build with hubs“ entschieden. Das kommt mit einer „idiotensicheren“ Anleitung (das war positiv gemeint :-)) und „it works with any wood“, selbst einem Haufen schief gewachsener Stöcke. Ich mochte den Gedanken, dieses Gewächshaus passend zu meiner Gartenbank aus natürlichen Stöcken und Ästen zu bauen.
Maße und Stöcke
Als erstes habe ich mir also überlegt, wie groß ich das Ganze bauen möchte. Nachdem ich eine Weile mit einem Zollstock auf winterlich matschigen Beeten herum gestiefelt bin, hatte ich mich für einen Durchmesser von 3,10m entschieden. Die maximale Höhe der Kuppel entspricht dem Radius, also 1,55m. Das ist zum Stehen und für Tomaten natürlich etwas wenig, daher ergänzte ich es um eine 60cm hohe Basis. Auf der Internetseite von „build with hubs“ gibt es einen „domecalculator“, in den man diese Maße eingeben kann. Er liefert einem dann eine ganze Reihe an Werten, unter anderem die Länge, auf die man die 30 kurzen (759mm) und 35 langen (870mm) Stöcke zusägen muss. Dann fiel mir auf, dass 65 Stöcke ja doch eine ganze Menge ist. Bei dem Problem hat mir unser Landwirt ausgeholfen. Auf dem Gelände des Bauernhofes, auf dem Mila und Cody stehen, waren bei Stürmen der letzten Monate zwei große Laubbäume umgefallen. Für die Nutzung des Holzes im Sägewerk sind die dünneren Äste uninteressant, daher durfte ich mir da nehmen, was ich gebrauchen konnte.
Ich habe dann eine Weile daran gesessen, die Äste zuzusägen, zu schälen, die Kugelverbinder in die Enden zu schrauben und die Stöcke zu streichen. Am Ende war ich aber sehr zufrieden mit dem Ergebnis, weil mir die Stöcke mit ihren verschiedenen Brauntönen und ihrem nie ganz geraden Wuchs wirklich gut gefallen.
In der Anleitung wird recht genau beschrieben, wie man einen Knotenpunkt hochzieht, um da drunter die Tür einzubauen. Daher ließ ich vier Stöcke deutlich länger, um die genaue Länge am Ende durch „anhalten“ bestimmen zu können.
Für die Basis brauchte ich zusätzlich 10 etwas dickere Äste. Diese sägte ich auf 90 cm, um sie 30cm tief in den Boden schlagen zu können. Dafür nutzte ich unter anderem Holz, das im letzten Sturm über unserem Garten abgebrochen war.


Tür und Fenster
Das Gewächshaus sollte natürlich eine Tür und ein Fenster bekommen. Für diese beiden Konstruktionen besorgte ich mir Holz im Baumarkt, um später für die Scharniere gerade Kanten zu bekommen.
Da die Tür im oberen Bereich unter dem hochgezogenen Knoten eine Dreiecksform hat, baute ich sie als zwei Türflügel, die jeweils nach außen öffnen.
Das Fenster sollte sich möglichst gegenüber der Tür befinden. Das ging nicht genau, da sich ganz oben in der Kuppel ein Fünfeck befindet. Die Tür ist unter einer Seite des Fünfecks, das Fenster unter einer der anderen Seiten, also nicht genau gegenüber. Unter den Seiten des Fünfecks befinden sich die großen gleichseitigen Dreiecke mit der Spitze nach unten. Dies bietet sich für ein Fenster an, da man die Scharniere oben an einer Seite des Fünfecks befestigen kann, und das Fenster auch bei leichtem Regen einen Spalt offen stehen kann.
Für das Fenster ersetzte ich also drei lange Stöcke(870mm) durch gerade Holzlatten, und setzte diese mit den buildinhubs – Verbindern zu einem Dreieck zusammen. Dann baute ich aus den Holzlatten ein zweites Dreieck, welches genau mit einem halben Zentimeter Spiel in das erste Dreieck hinein passt. Dieses innere Dreieck wurde dann das Fenster. Auf die beiden Seiten des Fensters, die später nach unten zeigen würden, schraubte ich von außen etwas überstehende dünne Bretter. Diese sollten bei geschlossenem Fenster auf dem äußeren Dreiecksrahmen aufliegen.
Als Fensteröffner nahm ich einen dünneren Stock, in den ich auf verschiedenen Höhen Löcher bohrte, die man auf einem hervorstehenden Nagel einhaken kann.




Aufbau
Für den Aufbau schlug ich zuallererst einen Holzpflock in die Mitte des Beetes, auf dem später das Gewächshaus stehen sollte. Dann markierte ich mir mit einer Schippe und einem Zollstock einen Kreis mit 1,55m Radius um diesen Pflock herum. Im Anschluss setzte ich aus 10 langen Stöcken und den Verbindern nur den untersten Ring zusammen, und legte diesen auf die vorher markierte Kreislinie. Jeder Verbinder markierte nun die Stelle, an der ich ein Loch graben und einen meiner Basispflöcke 30cm tief in den Boden schlagen musste.
Den Ring nahm ich dann wieder auseinander, und erst, als alle Basispflöcke sicher standen fing ich an, die Kuppel nach Anleitung zusammen zu setzen. Ich hatte meine Stöcke nach Dicke sortiert und fing mit den Dünnen in der Spitze an, so dass die Stöcke immer dicker wurden, je weiter ich mich nach unten vorarbeitete. An der Stelle des Fensters setzte ich meine Rahmenlatten ein, und die Tür ließ ich erst einmal frei. Der Aufbau klappte erstaunlich gut alleine, aber wenn man dann die Kuppel auf die vorbereiteten Basispflöcke heben möchte, braucht man definitiv Hilfe.
Mein Mann half mir dann auch, als wir den vorbereiteten Türrahmen einsetzten, und die 4 verbliebenen Stöcke oberhalb der Tür abmaßen und einsetzten. In der Anleitung wird mehrfach darauf hingewiesen, dass man die Verbinder erst dann mit den Schrauben, Unterlegscheiben und Muttern sichert, wenn alles endgültig an seinem Platz steht und nichts mehr bewegt wird. Obwohl ich bemüht war, möglichst gerade Stöcke auszuwählen, haben die meisten doch in irgend einer Form eine leichte Rundung. Als ich die Verbinder mit den Schrauben fest gezurrt habe, habe ich darauf geachtet, die Stöcke so zu drehen, dass die leichte Rundung eher nach außen zeigt, um die Kuppel so noch etwas mehr einer Kugelform anzunähern.






Folie
Als Folie habe ich im Internet eine 0,2mm starke UV5 Gewächshausfolie bestellt. Diese Folie sollte dann von außen über die Holzkonstruktion gezogen werden.
Wenn man von den Veränderungen oberhalb der Tür absieht, besteht das Netz der geodätischen Kuppel aus zwei unterschiedlichen Dreiecken. Zum einen gibt es gleichseitige Dreiecke mit drei langen Seiten. Die Seitenlänge entspricht dabei der Länge der langen Stöcke plus Verbinder (958mm). Zum anderen gibt es gleichschenklige Dreiecke mit zwei kurzen Seiten (kurze Stöcke plus Verbinder 847mm) und einer langen Seite (958mm). Alle diese Maße gibt einem der domecalculator auf der Internetseite von buildwithhubs für jede beliebige Kuppelgröße.
Ich habe mir also zwei große Bögen Papier genommen (aufgeschnittene Futtersäcke von Cody), und mir daraus Schablonen für diese beiden Dreiecke angefertigt. Dann habe ich die Folie so gut es ging in unserem größten Raum ausgebreitet, und mit Hilfe der Schablonen und abwaschbarer Folienstifte das gesamte Netz auf die Folie gezeichnet. Da man das nicht gut fotografieren konnte habe ich für diese Seite eine extra Zeichnung dieses Netzes angefertigt. Es gibt dabei natürlich eine Vielzahl an Möglichkeiten. Mir waren aber zwei Aspekte wichtig: Zum einen wollte ich mit so wenigen Nähten wie möglich auskommen, um die Folie nicht mehr als nötig zu beschädigen. Zum anderen fließen die Regentropfen vom höchsten Punkt der Kuppel aus radial nach außen. Wenn sie dabei möglichst parallel zu Nähten fließen finde ich das deutlich unproblematischer, als wenn die Nähte senkrecht zur Flussrichtung stehen. Daher habe ich die Nähte alle möglichst radial angeordnet. Zusätzlich habe ich die beiden Folien beim Nähen so übereinander gelegt, dass die Wassertropfen wie bei Dachpfannen von der äußeren Folie auf die innere Folie fließen, und nicht in die Naht hinein.

Ich fand es am Einfachsten, mit dem in der Zeichnung violett markierten höchsten Punkt der Kuppel anzufangen, und dann zuerst mit dem kleinen Dreieck das innerste Fünfeck zu zeichnen. Von da habe ich mich dann Dreieck um Dreieck nach außen vorgearbeitet. Ich habe alle Dreiecke etwa 2 cm größer gezeichnet, als es nach den Berechnungen korrekt gewesen wäre, um genug Spiel für meine krummen Äste einzuplanen. Dazu kam dann natürlich eine großzügig überlappende Nahtzugabe und an den Rändern der Kuppel genug Überhang. Oberhalb der Tür habe ich am Gewächshaus alle Kanten einzeln ausgemessen, und dann mit diesen Werten die fehlenden Dreiecke gezeichnet (in der Zeichnung Dunkelgrün).
Nachdem ich das riesige Netz ausgeschnitten hatte, habe ich es mit der Nähmaschine zusammen genäht. Dabei habe ich eine stabile Jeansnähnadel, einen extra reißfesten und UV-stabilen Nähfaden und einen Zickzack-Stich mit maximaler Stichbreite und -länge verwendet. Das mit Abstand schwierigste war dabei, die Folie unter dem Nähfuss hindurch zu bewegen, ohne sie allzu sehr zu knüllen. Die fertigen Nähte habe ich dann mit einem „Flüssigkleber für Weichkunststoffe aus PVC und PU“ bestrichen, um die Löcher der Naht zu verschließen.
Den Rest der Folie nutzte ich dann für die beiden Türflügel bzw. schnitt ihn in 70cm breite Streifen. Diese Streifen nähte ich dann aneinander, bis der Streifen lang genug war, um einmal um meine Basis herum zu reichen. Das unterste Ende habe ich dabei etwas in die Erde eingraben, um so eine gewisse Schneckenbarriere zu erzeugen. Als ich den Folienstreifen um die Basis herum mit einem Handtacker befestigt hatte, habe ich dann die große Folie über die Kuppel gezogen. Ich habe das Ganze dann so befestigt, dass an jedem der Basispfosten zwischen der äußeren Kuppelfolie und der inneren Basisfolie Luftschlitze sind. Ich hoffe, dass ich dann im Sommer einen leichten Kamineffekt nutzen kann. Die Luft erwärmt sich unter der Kuppelfolie und geht oben zum Fenster heraus, gleichzeitig zieht sie dann von unten an jedem Pfosten frische Luft nach.





Fertigstellung
An der Tür kam mir die Idee, Schrankmagnete zu nutzen. So lassen sich die Türflügel ohne großen Aufwand öffnen und schließen. Für stürmische Tage habe ich zusätzlich einen Schieberiegel angebracht.
Mit den beim Sägen angefallenen Stockresten und der Rinde der verwendeten Stöcke habe ich dann noch im Gewächshaus einen Weg angelegt.
Jetzt bin ich sehr gespannt, wie sich meine neue Kuppel macht, sobald der Frühling kommt.
