
Aussaat
Bei den frostempfindlichen Gemüsepflanzen ist es meistens so, dass man möglichst kräftige Jungpflanzen nach den Eisheiligen im Mai ins Freiland pflanzen möchte. Der Aussaatzeitpunkt richtet sich also danach, wie lange es braucht, bis die Jungpflanzen dafür groß genug sind. Je kleiner die Samenkörner, umso winziger sind natürlich auch die Keimlinge und umso langsamer wachsen sie in den ersten Wochen.
Von daher sind die ganz kleinen Samenkörner von Paprika, Tomaten und ähnlichem die ersten Pflanzen, die ich Anfang Februar aussähe. Für diese Aussaat nutze ich eine gekaufte torffreie Pflanzerde für Gemüsepflanzen, da ich mir bei der gekaufte Erde im Gegensatz zu unserem Kompost sicher sein kann, dass wirklich nur die von mir gewollten Pflanzen keimen. Man kann mehrere Tomaten in einen größeren Topf aussähen, dann muss man sie aber später einzeln aus der Erde holen und jeden Keimling in seinen eigenen Topf setzen, bevor sich die Wurzeln der einzelnen Pflanzen zu stark ineinander verwachsen. Das finde ich persönlich immer etwas schwierig, da die kleinen Tomatenkeimlinge noch sehr zart sind und unglaublich leicht abbrechen. Von daher sähe ich immer in kleine Töpfe aus, so dass jede Pflanze von Anfang an ihren eigenen Erdballen hat und später mitsamt diesem Erdballen in einen größeren Topf umziehen kann. Mit der Spitze eines kleinen Küchenmessers mache ich dann eine wenige Millimeter tiefe Kuhle in der Mitte der Aussaattöpfe, in die ich jeweils das Saatkorn lege und dünn mit Erde bedecke. Diese dünne Erdschicht schützt das Saatkorn davor, auszutrocknen. Denn das ist am Anfang die größte Gefahr, sobald der Keimprozess begonnen hat darf das Saatkorn nicht mehr austrocknen, sonst ist es sofort zerstört. Gleichzeitig darf die Erde nicht so nass sein, dass sie schimmelt, denn eine Pilzinfektion würde den Keimling auch sehr schnell abtöten. Tomaten sind bei mir bisher immer bei Wohnungstemperatur gut gekeimt, sie sollten aber nicht in der extrem trockenen Luft über einem heißen Heizkörper stehen. Man sollte sich übrigens unbedingt notieren, wo man welche Sorte hin gesät hat.
Wachstum
Die Tomaten stehen dann den Februar und März bei uns an einem sonnigen Südfenster. Im April kommen sie je nach Wetter in ein Regal mit Folienüberwurf auf unserem Balkon. Bei sehr sonnigem Wetter muss man die Folie natürlich öffnen, und wenn kalte Nächte angesagt sind kommt es auch vor, dass wir sie sicherheitshalber noch einmal rein holen.
Im Mai, wenn die Wettervorhersage stabil warm aussieht und kein Frost mehr zu befürchten ist, pflanze ich die Tomaten dann raus auf das Beet. Die Erde bereite ich mit Kompost und organischem Dünger vor, und die Pflanzlöcher mache ich so tief, dass auch noch ca. 15cm des Stängels mit in der Erde verschwindet. In diesem Bereich bildet die Tomate dann zusätzliche Seitenwurzeln aus (bei veredelten Pflanzen darf man das nicht machen, da muss die Veredelungsstelle oberhalb der Erdoberfläche bleiben). Dann entferne ich alle unteren Blätter, die Kontakt zum Erdboden haben. Tomatenpflanzen können in ihrer Wüchsigkeit sehr unterschiedlich sein. Zwischen 1,5m bei der Vivagrande und großen 3m Büschen bei der Sunviva ist bei mir immer alles dabei. Dies versuche ich beim Auspflanzen zu berücksichtigen, indem ich die kleinwüchsigeren Sorten auf die Südseite des Beetes pflanze, die größeren bekommen dafür entsprechend größere Anbindestäbe.
Man sollte übrigens die Pflanzen nicht bei strahlendem Sonnenschein raus pflanzen, da die Wurzeln trotz angießen einige Tage brauchen, bis sie die Pflanzen nach dem Umpflanzen optimal mit Wasser versorgen können.
Bei mir hat es sich dann bewährt, das Tomatenbeet dick mit geschreddertem Holz zu mulchen. Dafür lege ich bereits im Februar alle Äste vom Rückschnitt von Obststräuchern und Obstbäumen zur Seite und mische sie nicht unter den Kompost.
Diese dicke Mulchschicht hat mehrere Vorteile. Sie verhindert, dass bei Regenschauern Spritzwasser gegen die Pflanzen spritzt und dabei Pilzsporen vom Erdreich auf die Blätter gelangen. Gleichzeitig verhindert sie bei trockenem Wetter ein Austrocknen der Erde, so dass man nur direkt nach dem Auspflanzen und bei sehr lang anhaltender Trockenheit zusätzlich gießen muss. Und im Gegensatz zu einer Mulchschicht aus Rasenschnitt hält das geschredderte Holz die ganze Saison lang, es unterdrückt das Wachstum von Unkraut und man kann mit sauberen Schuhen beim Ernten um die Pflanzen herum treten. Wenn ich nicht genug geschreddertes Holz habe, funktioniert aber auch Stroh oder Rasenschnitt, den man ab und zu erneuert.
Während die Tomaten wachsen wird man etwa einmal die Woche schauen müssen, an welchen Stellen sie hoch gebunden werden müssen. Dabei kann man dann auch die Pflanzen ausgeizen. Bei Tomaten entsteht oberhalb jedes Blattes ein kleiner Seitentrieb, ein so genannter Geiztrieb. Wenn man diese alle heraus bricht, so zieht man die Pflanze eintriebig, das ist im Gewächshaus die gängige Variante. Bei den Freilandtomaten sehe ich das im Allgemeinen nicht ganz so eng. Die ersten Wochen breche ich recht konsequent die Seitentriebe heraus, damit die Pflanzen überhaupt erst einmal „an Höhe gewinnen“. Wenn ich dann sehe, dass die Pflanzen recht kräftig sind und insgesamt der Platz da ist, so lasse ich sie ruhig etwas buschiger werden. Es darf nur nicht so eng werden, dass an die Blätter keine Luft und kein Sonnenlicht mehr heran kommt, weil dies natürlich wieder Pilzinfektionen begünstigt.
Sobald die Tomaten blühen kann man dann erahnen, was für Früchte sie bilden werden. Cocktailtomaten haben eher kleinere Blüten mit wenigen gelben Blütenblättern. Im Gegensatz dazu bilden Fleischtomaten wie die Marmande größere buschiger wirkende Blüten mit sehr viel mehr gelben Blütenblättern.
Wenn das Wetter schwierig ist besprühe ich die Tomatenblätter manchmal mit einer Schachtelhalmlösung. Die kann man im Gartencenter kaufen und sie enthält einen pflanzlichen Auszug des Schachtelhalms. Dieser bildet eine Kieselsäure, die das Gewebe der Blätter festigt, so dass diese nicht mehr so leicht von Pilzsporen oder auch kleinen Insekten wie Milben angestochen werden können. Es ist also ein pflanzliches Mittel, das vorbeugend die Pflanzen kräftigen kann.





Ernte und Verarbeitung
Und dann wird irgendwann endlich die erste Tomate rot oder gelb und es beginnt die Zeit, in der man ganz viel die selbst angebauten Tomaten essen kann.
Wenn es ein gutes Jahr ist ernten wir sehr viel mehr, als wir gleichzeitig essen können. Dann fange ich an, Tomatensoße einzukochen und denke dabei an den nächsten Winter, wenn im Garten nur noch ein paar frostharte Kohl- und Feldsalatpflanzen stehen und ich mich darüber freuen werde, ein Glas unserer eigenen sommerlichen Tomatensoße zu öffnen.
Die Sache mit dem Einkochen ist noch einmal eine ganz eigene Thematik, aber ich denke, ich beschreibe an dieser Stelle wenigstens ein paar Aspekte, die ich dabei beachte. Grundsätzlich sollte man zwischen „einkochen“ und „kochend heiß einfüllen“ unterscheiden. „Kochend heiß einfüllen“ macht man mit Marmelade, die kocht man einmal anständig auf, füllt sie kochend heiß in sterile Gläser, schraubt die Gläser zu und ist fertig, wenn die Gläser beim Abkühlen ein Vakuum ziehen. Beim Einkochen geht man eigentlich genauso vor, aber es gibt einen weiteren Schritt. Nachdem man die Soße heiß in die Gläser gefüllt hat und diese verschlossen hat, stellt man die Gläser noch mal in einen großen Topf mit Wasser und kocht die Gläser mit der darin enthaltenen Soße je nach Rezept für etwa eine halbe Stunde. Wenn man das hört denkt man zuerst einmal „Platzen die da nicht?“. Eigentlich sind die Twistoff-Deckel und natürlich erst recht die richtigen Weck-Einkochgläser so konstruiert, dass sie bei Überdruck Luft raus lassen, und bei Unterdruck dicht verschließen. Ich benutze zum Einkochen Gläser und Flaschen mit Twistoff-Deckeln. Beim Einkochen schaue ich dann immer mal nach den Gläsern im Wasserbad. Wenn ich einen Klickverschlussdeckel sehe, der sich hoch wölbt, drücke ich drauf und wenn ich einen deutlichen Überdruck spüre, so lasse ich kurz Luft raus.
Botulismus
Und dann ist da noch diese Sache mit dem Botulismus. Dabei handelt es sich um ein anaerobes Bakterium, das normalerweise irgendwo im Erdboden unter Luftabschluss lebt. Dieses Bakterium braucht ein nicht saures Milieu mit einem PH-Wert über 4, um sich vermehren zu können. Wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind (Luftabschluss und nicht sauer), so bildet dieses Bakterium eines der schlimmsten und tödlichsten Nervengifte, die die Natur zu bieten hat (das Botox, für das in der Hautarztpraxis immer Werbung hängt…). Wenn man Obst einkocht, so ist man immer sauer genug, damit Botulismus kein Problem ist. Leider ist Gemüse (und insbesondere Fleisch) nicht entsprechend sauer. Und das Botulismus-Bakterium kann Sporen bilden, die 100°C problemlos überleben. Dies ist der Grund, warum in Amerika zum Einkochen von Gemüse und Fleisch das so genannte „Pressure Canning“ beliebt ist und es auch bei uns spezielle Rezepte zum Einkochen im Schnellkochtopf gibt. (Das Prinzip ist dabei immer, über eine Erhöhung des Drucks die Siedetemperatur soweit zu erhöhen, dass die Halbwertszeit, in der jeweils die Hälfte der vorhandenen Sporen abgetötet wird, von mehreren Stunden bei 100°C auf ca. 15 Sekunden bei 120°C verringert wird. Wiederholt man diese Halbwertszeit dann häufig genug, so ist man statistisch betrachtet höchstwahrscheinlich keimfrei. Es handelt sich also um eine exponentielle Abnahme abhängig von der Siededauer, wobei die Halbwertszeit in extremem Maße von der Siedetemperatur abhängt.)
Von daher friere ich Gemüse meistens ein, wenn ich es für längere Zeit haltbar machen möchte (und habe jeden Herbst einen chronisch vollen Gefrierschrank).
Tomaten sind dabei jetzt ein Grenzfall. Die aller meisten Tomaten sind von Natur aus so sauer, dass sie unter dem kritischen PH-Wert bleiben. Vorausgesetzt natürlich, man fügt kein anderes Gemüse wie z.B. Zwiebeln hinzu, das den PH-Wert erhöht. Es gibt aber vereinzelt Tomaten, die so säurearm sind, dass sie doch den Wert überschreiten. Von daher koche ich meine Tomaten ohne zusätzliches Gemüse einfach nur mit etwas Salz ein. Und um auf jeden Fall am Ende auf der sicheren Seite zu sein, kochen wir unsere Tomatensoße immer einmal für mindestens 10 Minuten auf, bevor wir sie essen. Denn sollte im sehr unwahrscheinlichen Fall doch unbemerkt Botulismus im Glas entstanden sein, so zerfällt das Gift bei Hitze in kürzester Zeit vollständig.
Für weitere Informationen zum Thema Einkochen und auch für drei sehr informative Videos zu den wissenschaftlichen Hintergründen von Botulismus kann ich den Kanal „Steffi kocht ein“ auf Youtube übrigens sehr empfehlen.
