Man sagt ja, die Tomate wäre das beliebteste Gemüse in Deutschland. Was das angeht, bin ich keine Ausnahme. Wir essen sehr gerne und auch viel Tomaten; in Salaten, mit Mozzarella und Basilikum oder als Soße für eine Vielzahl von Pastagerichten. Von daher ziehe ich bei uns im Garten jedes Jahr Tomaten. Die Tatsache, dass wir lange kein Gewächshaus hatten und mein kleines Folienhaus nach wie vor zu klein für alle Tomaten ist, gibt dem Tomatenanbau dabei noch einmal eine besondere Herausforderung, wenn man so will…
Das Tomatenbeet
Tomaten wollen innerhalb eines Jahres von einem winzigen wenige Millimeter großen Samenkorn zu einer Pflanze von 2 Metern Höhe oder mehr werden. Dafür brauchen sie viele Nährstoffe, viel Sonne und viel Wärme. Aber im Gegensatz zu anderen Pflanzen wie den Kreuzblütlern, die man nicht mehrere Jahre hinter einander auf das selbe Beet pflanzen soll, scheinen sich Tomaten daran nicht zu stören. Man liest auch manchmal, dass Tomaten aus der Fruchtfolge heraus fallen. Von daher haben wir ein besonders sonniges und warmes Beet recht nah am Haus jedes Jahr für unsere Tomaten reserviert, das ich auch jedes Jahr neu mit unserem Pferdemistkompost aufdünge.
Tomatenkrankheit Kraut- und Braunfäule
Die ganz große Schwierigkeit beim Anbau von Tomaten im Freiland ist die Kraut- und Braunfäule. Wenn die Blätter der Tomatenpflanzen durch Regen oder Gießwasser feucht werden, so kann der Pilz Phytophthora Infestans innerhalb kürzester Zeit die Blätter und Früchte befallen, so dass man die gesamte Pflanze mit all ihren Früchten weg schmeißen muss, was jedes Mal unglaublich ärgerlich ist.
In welchem Maße die Kraut- und Braunfäule auftritt, hängt entscheidend von drei Faktoren ab: Dem Wetter, der Pflege der Pflanzen und insbesondere der Auswahl der Tomatensorten.
In einem trockenen Sommer mit viel Sonnenschein kann man das Glück haben, dass auch die eine oder andere Sorte, die eigentlich für den Anbau im Gewächshaus vorgesehen ist, im Freiland wächst und man einiges ernten kann. Das Gegenteil davon war bei uns der Sommer 2021. Eigentlich fing es gut an, ich hatte meine Pflanzen im Mai alle nach draußen gepflanzt, und den Juni über war alles hervorragend gewachsen. Und dann kam der 14. Juli 2021. Eigentlich hatten wir noch Glück gehabt und waren sehr glimpflich davon gekommen. Die beängstigenden braunen Fluten, die sich an dem Tag durch das Sauerland wälzten und Straßen in reißende Flüsse verwandelten, hatten um unsere direkte Nachbarschaft einen Bogen gemacht. Aber nach der Flut war die Luft tagelang extrem feucht. Und dann explodierten förmlich die Pilzinfektionen. Die Erdbeeren verschimmelten, Früchte wie Blätter, von den Beerensträuchern fielen die Blätter schimmelig zu Boden, an allen Gurkengewächsen machte sich Mehltau breit, und Tomaten wie Kartoffeln wurden von der Kraut- und Braunfäule zerstört. Am Ende überlebten bei uns von 20 Tomatenpflanzen 4 Pflanzen: Meine beiden Primabella Tomaten und meine beiden Sunviva Tomaten. Diese beiden Sorten wuchsen munter weiter und trugen Tomaten, bis irgendwann in einer kühlen Herbstnacht der erste Frost kam.
Wenn das Wetter zwar regnerisch, aber nicht ganz so krass wie im Jahr 2021 ist, kann man durch die richtige Pflege noch ein bisschen was retten. Dabei ist es in erster Linie wichtig, dass die Pflanzen luftig genug wachsen, damit die Blätter nach einem Regen schnell wieder trocknen. Dies erreicht man durch regelmäßiges Hochbinden und durch Ausgeizen der Pflanzen. Das bedeutet, dass man die Pflanzen nicht beliebig viele Seitentriebe bilden lässt, indem man diese regelmäßig heraus bricht. Ich halte bei Freilandtomaten nichts davon, diese komplett eintriebig zu ziehen, daher entferne ich nicht alle Seitentriebe, nur so viele, dass die Pflanzen nicht zu dicht werden. Ein weiterer Risikofaktor sind die unteren älteren Blätter der Pflanzen, insbesondere solche, die erdnah wachsen. Diese infizieren sich häufig als erste mit der Kraut- und Braunfäule. Natürlich können Pflanzen nicht ohne ihre Blätter leben, aber in feuchten Sommern kann man die Ausbreitung der Kraut- und Braunfäule ein Stück weit verzögern, indem man mit Augenmaß ältere Blätter entfernt. Das kann einem dann genug Zeit verschaffen, damit vorhandene Früchte noch abreifen können.
Sortenauswahl beim Freilandanbau
Tomaten sind so ein Gemüse, bei dem es eine unglaubliche Vielfalt an Sorten gibt. Von kleinen Cocktailtomaten bis hin zu großen Fleischtomaten, in rot, orange, gelb, dunkel, gestreift oder die blauen Anthozyan bildenden Sorten. Je mehr man sich mit Tomaten beschäftigt, umso mehr Sorten findet man, die man unbedingt einmal ausprobieren möchte.
Da man aber nicht im voraus weiß, wie den nächsten Sommer über das Wetter wird, teile ich die Tomaten, die ich für den nächsten Sommer vorziehen möchte in drei Kategorien ein: Die verlässlichsten Freilandsorten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit guten Ertrag bringen, die Freilandsorten, die meistens funktionieren und die Sorten, die man einfach einmal ausprobieren möchte, weil sie auf die eine oder andere Art besonders sind.
Die verlässlichsten Freilandsorten
Nach meinen Erfahrungen im Jahr 2021 standen auf dieser Liste ganz oben die Primabella, eine rote Cocktailtomate, und die Sunviva, eine kleine gelbe Cocktailtomate. Wenn man einmal recherchiert, wo diese beiden Sorten herkommen, so landet man bei dem ökologischen Freiland-Tomatenprojekt der Uni Göttingen. Dieses 2003 gestartete Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, samenfeste Tomatensorten zu züchten, die in unserem Klima im Freiland wachsen können, ohne immense Ausfälle durch die Kraut- und Braunfäule zu erleiden. Den Anfang haben dabei die Cocktailtomaten Primabella, Primavera und Sunviva gemacht. Mit Vivaroma kam dann eine Roma-Tomate und mit Vivagrande eine Fleischtomate hinzu und mit Resibella und Rondobella eine kleine und große Salattomate.
Die Primabella ist eine ertragreiche feste rote Cocktailtomate, die ich jedes Jahr gerne wieder anpflanze. Die Sunviva ist eine sehr kleine gelbe Cocktailtomate. Sie eignet sich gut zum sofort naschen, man muss aber eine Weile pflücken, bis man größere Mengen geerntet hat. Die Vivaroma und Vivagrande habe ich 2022 zum ersten mal angepflanzt. Insbesondere von der Vivagrande haben wir sehr viele sehr große Fleischtomaten geerntet. Die Früchte an der Pflanze waren so schwer geworden, dass die Pflanze mitsamt Bindfäden an dem senkrechten Pflanzstab herunter gerutscht war. Ich muss sie in Zukunft unbedingt besser anbinden. Im Herbst haben wir die letzten Fleischtomaten grün geerntet, die meisten sind in der Küche nachgereift.
Der Sommer des Jahres 2023 war dann bei uns wieder ein sehr nasser Sommer. Die drei Sorten, die im Herbst am längsten überlebt hatten waren wieder die Sunviva und die Primabella, zusammen mit der Rondobella. Das fand ich erstaunlich, da dies eine sehr große Salattomate ist, von der wir noch im Oktober im Freiland die letzten Früchte ernten konnten.
Die Vivagrande hatte etwas früher aufgegeben, aber trotzdem dem schlechten Wetter länger stand gehalten als die anderen Sorten und noch einige schöne Fleischtomaten getragen.
Eine Romatomate, die ich seit vielen Jahren anbaue, und die sich in fast allen Jahren als sehr robust erwiesen hat ist außerdem Dorenia. Sie hat recht schnittfeste Früchte, die super im Salat schmecken, mit denen wir aber auch schon jede Menge Tomatensoße gekocht haben.
Freilandsorten
Mein Eindruck ist, dass sich bei samenfesten Freilandsorten in den letzten Jahren recht viel getan hat und man eine immer größere Auswahl an Sorten findet, die für den Amateurbereich so gezüchtet wurden, dass sie robust genug sind, mit nicht optimalen Wachstumsbedingungen klar zu kommen. Matina und Hellfrucht sind zwei Salattomaten, die ich seit Jahren anbaue. Black Cherry bekommt bei viel Regenwetter Kraut- und Braunfäule, es ist aber eine unglaublich süße und leckere Cocktailtomate, die auch noch farblich für Abwechselung sorgt, von daher ist sie auch meistens dabei. Recht robust ist bei mir auch die De Berao, vom Geschmack her würde ich die aber eher gekocht essen, da sie mir roh weniger gut schmeckt als andere Sorten.
Bei den gelben Tomaten habe ich im Sommer 2023 neben der Sunviva die Sorten Fredi und Goldene Königin ausprobiert. Beide hatten nach einem sehr nassen Juli und August gegen Mitte August die Kraut- und Braunfäule bekommen. Bei der Fredi war das nicht so tragisch, sie hatte als aller erste Sorte angefangen zu tragen und bis Mitte August hatten wir schon so viele süße ovale orangene Cocktail-Tomaten geerntet, dass sich der Anbau auf jeden Fall gelohnt hatte. Die Goldene Königin hatte auch angefangen, sehr reichlich zu tragen. Die Früchte waren sehr mild und saftig. Leider mussten wir dann aber am Ende doch viele ihrer Früchte wegwerfen, da der Befall zu schnell kam. Eine unglaublich schöne Tomate war im Sommer 2023 die orange-rot gemusterte Anamar, die wie eine kleine saftige Fleischtomate wirkt. Ähnlich wie die Goldene Königin hatte sie auch angefangen, sehr reichlich zu tragen, und wurde dann so schnell befallen, dass wir viele ihrer Früchte vernichten mussten.



Überhaupt nicht geklappt hatte im Sommer 2023 der Anbau der Indigo Rose, obwohl ich mich so sehr darauf gefreut hatte, einmal eine Antho-Tomate auszuprobieren. Von allen anderen Sorten konnten wir zumindest einen Teil der Früchte ernten, bevor die Pflanzen durch den kalten Regen kaputt gingen. Die Indigo Rose war kaputt, bevor die Früchte reif werden konnten.
Experimente
Eine der ersten etwas ausgefalleneren Sorten, die ich ausprobiert hatte, war die Green Zebra. Eine sehr saftige und erstaunlich süße Sorte, die mit ihren grün-gelben Streifen natürlich für Aufsehen sorgt. Da es ein recht trockener Sommer war, hatten wir auch durchaus was ernten können, bevor die Pflanze dann doch die Kraut- und Braunfäule bekam. Ähnlich verhält es sich mit der San Marzano. Die pflanze ich auch immer mal mit an, wird der Sommer sehr regnerisch, fällt die Pflanze aus, in guten Sommern hatten wir aber auch da schon gute Ernten.
Seit ich auf unserem Balkon mein Balkonbeet gebaut habe, nutze ich das für den „geschützten Freilandanbau“, da der Balkon einen Dachvorsprung hat. 2022 hatte ich dort zum ersten Mal die Marmande angebaut, das hatte wirklich gut geklappt und wir haben ganz tolle Früchte geerntet. 2023 habe ich dann wieder die Marmande und zusätzlich eine orangene Ochsenherz-Tomate sowohl auf dem Balkon als auch in meinem neu gebauten Foliengewächshaus angebaut. Trotz dem verregneten Sommer haben diese beiden Sorten richtig gut getragen und dafür gesorgt, dass trotz dem ungünstigen Wetter sogar noch genug zum Einkochen von Tomatensoße zusammen kam. Ich glaube, die orangenen Ochsenherz-Tomaten sind meine neue Lieblingssorte, die Früchte waren einfach ein Traum. Sehr viel Mark, wenige Kerne, angenehm süß und wunderschön.